Vassar College, Herbst 1996
German 301, Senior Seminar:

Obwohl es in der DDR offiziell keine feministische Bewegung gab, zeigen die Texte der von uns behandelten Frauen ein dezidiert feministisches Bewußtsein. Sie thematisieren nicht nur die praktischen Probleme der Frauen im alltäglichen Leben in der DDR, sondern auch theoretische Fragen, die auf ähnliche Weise in den westlichen feministischen Bewegungen diskutiert wurden. Dabei hatten diese Frauen ein doppeltes Hindernis zu überwinden: nicht nur mußten sie ihre Kritik an der patriarchalischen Gesellschaft verständlich machen, sondern auch noch kritische Gedanken an der, je nach dem Zeitpunkt des Schreibens, mehr oder weniger strengen Zensur vorbeischmuggeln. Feministische Schriftstellerinnen versahen ein schwieriges Geschäft, da die DDR-Regierung der Meinung war, daß feministische Kritik in der DDR-Gesellschaft, in der die Frauenemanzipation offiziell verwirklicht war, unnötig und subversiv sei.

In diesem Seminar haben wir analysiert, warum Ende der sechziger Jahre DDR-Frauen in immer größeren Zahlen zu schreiben begannen. Wir untersuchten, welche Fragestellungen und Probleme die Frauen in ihren Texten thematisieren und inwiefern und wie sie praktische oder theoretische Probleme der westlichen Frauenbewegungen mit- oder anders diskutieren. Wir haben geprüft, ob sich diese Schriftstellerinnen als Feministinnen definiert haben und ob man diese Texte tatsächlich als feministische Texte behandeln darf. Eine weitere wichtige Fragestellung war, wie die Frauen auf die Probleme der Vereinigung der beiden Deutschlands im Jahre 1990 reagieren.

Neben einer systematischen und gründlichen Textanalyse untersuchten wir den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Kontext, vor dem die behandelten Texte entstanden sind, und beschäftigten uns mit generellen Fragen einer feministischen Literaturwissenschaft.

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