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Es war einmal ein klein süß Kind, das alle lieb hatten, die sie nur ansahen. Am allerliebst aber hatte es seine alt Großmutter, die gar nicht wußte, was sie dem gut Kind alles geben sollte. Einmal schenkte sie dem klein Kind ein rot Käppchen, das dem Kind so wohl stand und das das klein Kind immer trug, so daß das Kind nunmehr "Rotkäppchen" hieß. Eines Tages sprach die Mutter: "Rotkäppchen, bring deiner alt Großmutter dieses Stück Kuchen und diese Flasche Wein hinaus. Deine alt Großmutter, die krank und schwach ist, wird sich darüber freuen. Geh jetzt, aber lauf nicht vom recht Weg(m.) ab und vergiß nicht, wenn du in ihre Stube kommst, Gut Morgen zu sagen." Das klein Haus der Großmutter, das eine halb Stunde vom Dorf war, lag draußen im groß Wald(m.). Wie nun Rotkäppchen in den dunkl Wald kam, begegnete ihm der bös Wolf(m.). "Gut Tag, Rotkäppchen," sprach er. "Schön Dank, Wolf," antwortete sie. "Wo gehst du so früh hin?" fragte der Wolf. "Zur gut Großmutter," antwortete sie ihm. "Rotkäppchen, wo wohnt deine alt Großmutter?" sagte der Wolf. "Nur eine Viertelstunde weiter im Wald unter drei groß Bäumen, aber das weißt du ja doch!" sagte Rotkäppchen. Der Wolf ging eine Zeit lang neben Rotkäppchen, dann sprach er: "Rotkäppchen, sieh einmal die schön Blumen an! Warum spielst du nicht eine klein Weile(f.) im Wald? Es ist so schön hier!" Rotkäppchen sah um sich und dachte: "Es ist so früh am Tag, daß ich noch zu recht Zeit ankomme! Ich hole der alt Großmutter einen frisch Strauß(m.), über den sie sich freuen wird!" und sie lief vom recht Weg ab in den dunkl Weg hinein. Der schlau Wolf aber ging geradeaus nach dem klein Haus der Großmutter und klopfte. "Wer ist draußen?" fragte die Alt, die im Bett lag. "Rotkäppchen! Mach auf, Großmutti, mach auf!" sagte der Wolf. "Die Tür ist auf," sagte die alt Großmutter. Der Wolf ging gerade zu der Großmutter und verschluckte sie! Dann zog er ihre Kleider an, die er im Schrank fand, setzte ihre Haube auf und legte sich in ihr klein Bett.
Rotkäppchen kam ein bißchen später in die klein Stube(f.) und rief: "Gut Morgen, lieb Großmutter!" Daraufhin ging sie zum Bett: da lag die Großmutter und sah so wunderlich aus! "Ei, Großmutter, was hast du für groß Ohren?" "Daß ich dich besser hören kann." "Ei, Großmutter, was hast du für groß Augen!" "Daß ich dich besser sehen kann." "Aber Großmutter, was hast du für groß Hände?" "Daß ich dich besser fassen kann." "Aber Großmutter, was hast du für ein entsetzlich groß Maul(n.)?" "Daß ich dich besser fressen kann!" Kaum hatte der Wolf gesprochen, so sprang er aus dem Bett und verschlang das arm Rotkäppchen!
Nachher legte sich der bös Wolf wieder ins klein Bett, schlief ein und fing an, überlaut zu schnarchen. Ein gut Jäger(m.), der eben an dem Haus vorbei ging, dachte: "Das klingt aber komisch! Ich schaue kurz hinein." Da fand er den schlafend Wolf und er bemerkte seinen übergroß Bauch. "Da kann vielleicht die Großmutter noch darin sein!" dachte er und er nahm eine scharf Schere und schnitt dem Wolf den Bauch auf. Da sprang Rotkäppchen heraus und freute sich und da kam auch die alt Großmutter lebendig heraus! Sie füllten den Bauch mit schwer Steinen, die Rotkäppchen schnell holte, so daß der Wolf, der schnell fortspringen wollte, sich nicht bewegen konnte und gleich tot niederfiel. Da lebten alle drei vergnügt weiter und Rotkäppchen ist nie wieder vom recht Weg weggelaufen.